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  • Sandra Cosabella

Hyundai Ioniq 5




Während neue Verbrenner-Modelle bestenfalls sparsamer oder digital vernetzter werden, schreitet die Entwicklung neuer Elektroautos mit einer enormen Geschwindigkeit voran. Was vor fünf Jahren noch brandneu war, ist mittlerweile doppelt überholt. Der Hyundai Ioniq 5 zeigt exemplarisch, was man aus einem Elektroauto alles machen kann, wenn man etwas weiter denkt und nicht nur die klassischen Disziplinen zu verbessern versucht. Herausgekommen ist der stärkste und smarteste Hyundai aller Zeiten, womit die Koreaner einmal mehr zeigen, wo diesbezüglich der Hammer hängt.


Zukunft trifft auf Retro

Nur schon mit dem Design, welches durch Studien belegt nach wie vor Kaufgrund Nummer 1 bei Autos ist, lehnt sich Hyundai weit aus dem Fenster. Der Ioniq 5 präsentiert sich eckig und kantig mit glatten Flächen und kaum Rundungen und zitiert somit das Design der 80er- und 90er-Jahre. Moderne LED-Scheinwerfer im kultigen 8-Bit-Design, markante Kotflügel, grosse Räder und eine Launch-Farbe in Matt-Gold (!) runden das aussergewöhnliche Design ab.

Durch die lange Fond-Türe und die breite C-Säule wirkt der Ioniq 5 optisch deutlich kleiner.

Dass der Schein bekanntlich trügt, erlebt man am eigenen Leib, wenn man den Ioniq 5 zum ersten Mal in echt sieht. Auf Bildern wirkt er ziemlich kompakt, was vor allem durch eine fehlende Seitenscheibe hinter der Fondtüre und der dicken C-Säule suggeriert wird. Doch in Wahrheit ist er ein breiter und grosser Crossover, dessen Ausmasse nicht weit weg eines Santa Fe sind. Da hat Hyundai besonders tief in die Trickkiste gegriffen. Auch die geradlinige Silhouette lässt den Wagen auf Bildern schnell kleiner wirken, als er eigentlich ist.

Die LED-Lichter machen optisch trotz moderner Technik auf Oldschool.


Lounge auf Rädern

Auch im Innenraum geht Hyundai neue Wege. Das Interieur kommt gänzlich ohne Mitteltunnel aus, was ein extrem luftiges Ambiente vorne wie hinten schafft. Dafür gibt es grosse Ablagemöglichkeiten en masse. So viel Krempel, wie man im Ioniq 5 unterbringen könnte, führt man im Normalfall gar nicht mit sich. In der zweiten Reihe kann man den Sitz längs und in der Neigung verstellen und selbst wenn die Sitze ganz hinten sind, bietet der Ioniq 5 noch über 500 Liter Volumen!

Die Vordersitze sind sehr bequem, vielfach verstellbar und verfügen auch über eine Sitzlüftung.

Doch das ganz grosse Highlight ist der ersten Reihe vorbehalten: Auf Knopfdruck verwandeln sich die Vordersitze in einen Liegestuhl mit einer extra Beinauflage vorne! Damit steht einem Powernap während eines Ladestopps nichts mehr im Weg. Aber Achtung: So verlockend es für den Beifahrer auch sein mag, während der Fahrt in der Liegeposition ein Nickerchen abzuhalten, so sollte dies unterlassen werden. Im Falle eines Crashes würde man unter dem Sicherheitsgurt durchtauchen, was böse Folgen nach sich ziehen kann. Nur schon eine Vollbremsung wäre kritisch.

Leider ist das Cockpit nicht zu Ende gedacht worden, denn das Lenkrad verdeckt genau die wichtigsten Informationen: Tempo und Reichweite.


Got Torque?

In Fahrt ist der Ioniq 5 im Normal- oder Eco-Modus erst mal zurückhaltend. Geschmeidige, mühelose Beschleunigung und ein hoher Fahrkomfort sind Eigenschaften, die man im Alltag schätzt. Fahrspass bietet der Stromer im Sport-Modus, wenn sein Drehmoment von 605 Nm ansatzlos auf beide Achsen losgelassen wird: Es folgt der berühmte Elektrokick in den Rücken, vor allem, weil der Wagen auch bei sehr niedrigem Tempo nicht gerade zimperlich beschleunigt!

Mit den Schaltwippen kann die Rekuperation manuell angepasst werden, alternativ wird sie auch automatisch via Radar gesteuert.

Da die Leistung aber nicht ganz so hoch ausfällt, nimmt der Schub dann allmählich ab, lahm ist der Ioniq 5 aber keinesfalls. Um aber einem i30 N nachzukommen, würde es nicht ganz reichen. Fahrdynamisch ist zwar der tiefe Schwerpunkt zu spüren, von einem Kurvenräuber kann man aber nicht sprechen. Das ist aber ohnehin nicht die Kerndiszplin des Wagens, ausserdem brodelt die Gerüchteküche über einen möglichen Ioniq 5 N als Sportmodell wie verrückt.

Die Fahrmodi unterscheiden sich erheblich.


Der Lademeister

Viel wichtiger als möglichst hohe G-Kräfte in der Kurve ist den meisten sowieso eine möglichst hohe Reichweite respektive eine unkomplizierte Handhabung im Alltag. Puncto Akkukapazität ist der Ioniq 5 eher durchschnittlich unterwegs. Seine 72 kWh sorgen in der stärksten Antriebsvariante mit den 20 Zöllern für maximal 430 Kilometer nach WLTP. In der Praxis sind es im Test rund 315 Kilometer.

Infotainmentsystem und Cockpit sind einfach aufgebaut, sodass man sich schnell zurechtfindet, trotz des Mangels an Knöpfen.

Doch sein technisches Highlight ist die 800-Volt-Bordspannung, womit sehr hohe Ladeleistungen ermöglicht werden. Zum Vergleich: Bislang sind 800 Volt abgesehen vom Schwestermodell Kia EV 6 lediglich beim Porsche Taycan und Audi e-tron GT vorzufinden, beides Modelle, die in einer komplett anderen Preisliga kämpfen. Und tatsächlich hält der Ioniq 5 diesbezüglich sein Versprechen und lädt mit bis zu 220 kW nach. Auch ein nur halbleerer Akku sowie kühle Temperaturen, beides keine guten Voraussetzungen für eine Turboladung, hielten den Testwagen nicht davon ab, ohne Umschweife direkt mit 220 kW loszulegen und innert zehn Minuten 85 % Ladestand herzustellen. Da staunt man nicht schlecht!

Die Mittelkonsole ist modular aufgebaut und kann verschoben werden.


Die XXL-Powerbank

Eine besonders praktische Funktion vor allem für Freunde des Campings mit Zelt ist die V2l (Vehicle to Load) Technologie des Ioniq 5. Über einen mitgelieferten Adapter wird der Ladeanschluss des Autos somit zur Steckdose mit 3,6 kW Leistung, was den üblichen roten Camping-Strom-Anschlüssen entspricht. Damit kann allerlei Zeugs betrieben werden, unter anderem wäre es möglich, einen Elektrogrill, eine Kühlbox sowie einen E-Bike-Akku gleichzeitig mit Strom zu versorgen. Via Bordcomputer lässt sich ausserdem einstellen, welcher Akkustand für die nächste Fahrt reserviert werden soll.

Während das Abblendlicht ausreichend gut ausleuchtet, enttäuscht das Fernlicht, das die Strecke bei weitem nicht so gut ausleuchtet, wie es heute mit LED-Technik möglich wäre. Ein optischer Hingucker sind die dezenten, vertikalen LED-Streben bei eingeschaltetem Abblendlicht.

Gute Assistenz, schlechtes Licht


Weniger brillieren kann der Ioniq 5 dafür beim Thema Licht. So fancy die LEDs auch gestaltet sein mögen, das Fernlicht leuchtet nicht weit und obendrein ist der Lichtkegel ziemlich schmal. Matrix-Licht? Gibt es nicht. Ansonsten ist der Ioniq 5 mit State of the Art Assistenzsystemen inklusive automatisiertem Parking und Autobahn-Assistent ausgerüstet. Als Zückerchen gibt es noch ein HUD mit Augmented Reality Technologie. Mit aktiver Navigation bekommt man so animierte Pfeile zu sehen und bei akuter Gefahr durch den Notbremsassistent blinkt es auch in der Scheibe rot.

Technisch wird beim Ioniq 5 angesichts des Preises viel geboten. Besonders beeindruckend ist die Schnellladetechnik.

Voll ausgestattet sind für den Ioniq 5 70’000 Franken fällig, was für ein Hyundai-Modell doch eher viel ist. Doch man darf den Preis nicht auf die Marke beschränken, sondern muss ihn in Relation zur Technik und zur Ausstattung setzen. So betrachtet kriegt man für einen fairen Preis ein aussergewöhnlich designtes Elektroauto, welches bei der Ladeleistung ganz vorne mit dabei ist und sich auch sonst keine gröberen Schnitzer leistet.

Fahrerisch hebt sich der Ioniq 5 nicht gross von der Konkurrenz ab. Es sind seine besonderen Feauteres abseits des Fahrens, die ihn besonders machen.

Ein angenehmes Fahrgefühl, genug Power sowie einzigartige Highlights wie die Liegefunktion der Vordersitze oder die V2l-Technologie machen aus dem Ioniq 5 ein Elektroauto, welches über das eigentliche Fahren hinaus entwickelt worden ist. Derartige Features sucht man bei deutschen Herstellern vergebens, womit die Koreaner einmal mehr Ingenieurkunst und Grips beweisen, ohne dass die Autos preislich gleich völlig durch die Decke schiessen.

Verbrauchstechnisch setzt der Wagen keine Massstäbe, doch er erreicht auch ohne übertrieben grossen Akku eine vernünftige Reichweite.




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